Du suchst einen Weg, um den anderen und Dich in der Kommunikation besser zu verstehen? In beruflichen und privaten Beziehungen fehlen Dir oft die Worte und Du fühlst eine innerliche Blockade, das anzusprechen, was Du wirklich fühlst? Du möchtest Deine Bedürfnisse äußern, ohne dass es bei Deinem Gegenüber als Vorwurf ankommt?
In diesem Blogartikel erfährst Du von Expertin Laura Leising was die Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation sind und wie Du GFK in 6 Alltagssituationen für Dich nutzen kannst.
INHALTSVERZEICHNIS
6 EXPERTINNEN TIPPS ZUR GEWALTFREIEN KOMMUNIKATION
Es ist als würdest Du eine neue Sprache erlernen. Die Kommunikation, die wir alle erfahren haben von zu Hause oder in unserer Gesellschaft ist darauf ausgelegt, die Schuld unserer Gefühle und die Verantwortung für unsere Gefühle bei einer anderen Person zu suchen. Häufig haben wir in unserer Ursprungsfamilie kein vernünftiges Kommunikationsverhalten oder einen guten Umgang mit Gefühlen und Bedürfnissen gelernt. Wenn wir das nicht gelernt haben, können wir gar nicht gut darüber reden, was uns innerlich wirklich bewegt.
Doch in der Gewaltfreien Kommunikation wird der Spieß umgedreht und es geht in erster Linie darum, Dich selbst anzuschauen und zu verstehen, welche Bedürfnisse Du hast. Erst dann bist Du in der Lage diese gegenüber anderen klar zu äußern.
#1 WARUM DER SATZ „ICH FÜHLE MICH VON DIR NICHT GESEHEN“ EIN VORWURF IST
Mit den Formulierungen „Ich fühle mich von DIR nicht gesehen“ oder „Ich fühle mich von DIR nicht verstanden“ beginnen wir, mit dem Finger auf die andere Person zu zeigen. Dadurch lösen wir einen Angriff aus, denn wir suggerieren unserem Gegenüber: Du bist schuld daran, dass es mir so schlecht geht und Du machst mich traurig.
In der Gewaltfreien Kommunikation werden diese Gefühle Pseudo-Gefühle genannt, weil in diesen Sätzen im Grunde gar kein echtes Gefühl ausgedrückt wird und wir geben dem anderen die Schuld für einen Umstand. Natürlich fühlst Du in diesem Moment etwas, aber es ist nicht das, was Du sagst.
Wie Du die Situation lösen kannst
Die Lösung dafür ist sich zu fragen „Wie geht es mir denn eigentlich gerade?“. Wenn Du sagst „Ich fühle mich nicht gesehen“ könnte man meinen Du drückst ein Gefühl aus. Doch das stimmt im Grunde nicht. Denn richtige Gefühle wären zum Beispiel Traurigkeit, Wut, Ärger, Angst, Ohnmacht, Einsamkeit, Scham, Schuld. Echte Gefühle rufen eine körperliche Reaktion hervor.
Das heißt hinter der Formulierung „Ich fühle mich nicht gesehen oder beachtet“ liegt in Wahrheit ein wirkliches Gefühl, was zum Beispiel Traurigkeit sein kann. Sich dieses Gefühl dahinter einzugestehen, zu weinen und zu sagen „Ich bin traurig darüber, weil jedes Mal, wenn ich mit Dir reden will, gehst Du einfach“ ist der erste Schritt, bevor es in eine wirkliche Kommunikation gehen kann. Wir sind alle empathische Wesen.
Wenn der eine Emotionen zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass der andere uns das gibt, was wir tatsächlich möchten – auch wenn es nur eine Umarmung ist. Wenn Menschen etwas an den Kopf geknallt bekommen, dann feuern wir zurück und niemand ist bereit ihm oder ihr das zu geben, was sie wirklich braucht.
#2 WIE KANNST DU ZWEI VERSCHIEDENE ANSICHTEN VON BEDÜRFNISSEN IN EINKLANG BEKOMMEN?
Das mag auf den ersten Blick radikal klingen: Wir sind alle Erwachsene und keine Kinder mehr. Jedoch neigen wir immer noch dazu, die Menschen in unserem direkten Umfeld als Lieblings-Bedürfnis-Erfüllungs-Strategie heranzuziehen. Wir waren es als Kind von zu Hause gewohnt, dass uns eine andere Person die Bedürfnisse erfüllen soll und tragen dieses Verhalten noch weiter in unser Erwachsenenalter.
Wenn man zusammen in einem Familienverbund oder einer Partnerschaft lebt, dann ist es Dir schon wichtig, dass man sich gegenseitig die Bedürfnisse erfüllt. Wichtig ist dabei offen darüber zu sprechen und auch die Perspektive des anderen zu diesem Thema zu erfragen und nicht zu werten. Es gibt in dem Falle keine richtigen oder falschen Bedürfnisse.
Wenn alle Beteiligten an einem vernünftigen Miteinander interessiert sind, sollte es möglich sein einen guten Mittelweg zu finden, mit dem alle einverstanden sind. Mittelweg heißt dabei nicht faule Kompromisse einzugehen.
Wie Du die Situation lösen kannst
Wenn Du merkst, dass Du und Dein Gesprächspartner zwei verschiedene Meinungen zu einem Bedürfnis habt, dann ist es empfehlenswert herauszufinden, ob hinter dem Bedürfnis noch ein anderes Bedürfnis steckt. Die Frage, die Du Dir dabei stellen kannst, ist: „Was ist denn eigentlich innerlich erreicht, wenn ich das Bedürfnis erfüllt bekomme?“ Wenn das klar ist, dann ist es leichter sich gegenseitig zu verstehen und Du kannst Dich gleich auf dieser Ebene unterhalten und gemeinsam eine Lösung finden.
Ist die Rechtfertigung Deiner Bedürfnisse überhaupt sinnvoll? Rechtfertigen ist ein schmaler Grat, da wir Menschen gerne eine Begründung haben wollen. Es tut uns gut zu erfahren, warum jemand etwas gerade tut oder möchte. Dadurch können wir uns selbst und den anderen besser verstehen. Doch es braucht keine lange Ausführung. Drücke einfach Dein wirkliches Gefühl und Dein Warum aus, dies beinhaltet die Kernelemente einer gelungenen Kommunikation. Das Gefühl dem anderen zu kommunizieren, ist etwas sehr Wertvolles.
#3 UNSERE WORTE KÖNNEN FENSTER SEIN ODER MAUERN – WIE DU MIT KONFLIKTEN UND VORWÜRFEN UMGEHEN KANNST
Jeder Vorwurf sagt nichts über Dich aus, sondern sagt vielmehr über die Person aus, die da gerade spricht. Diese Person hat sehr wahrscheinlich ein unerfülltes Bedürfnis, was Du befriedigen sollst, und der andere versucht auf unglückliche Weise Dir mitzuteilen, welches Bedürfnis er gerade hat. Sich daran zu erinnern, hilft gegenseitig sich wieder näher zu kommen und sich zu öffnen.
Manchmal bringt jede Diskussion einfach nichts mehr und dann muss man ins Handeln kommen und die Eigenverantwortung übernehmen. Doch bis es so weit kommen muss, kann man darüber reden und alles zur Sprache bringen.
Wie Du die Situation lösen kannst
Bist Du selbst mit Vorwürfen konfrontiert, gilt es ein hohes Maß an Empathie für sich aufzubringen und zu schauen, was machen diese Worte jetzt mit Dir. Wenn Du merkst, dass es Dich gerade sehr trifft, dann verlasse den Raum und atme kurz durch. Danach versuche den anderen zu verstehen.
Ein Gespräch ist auch nicht zu jedem Moment sinnvoll. Gerade im emotionalen Modus kommen manche Worte auch einfach nicht mehr an. Deshalb ist es auch wichtig zu entscheiden, wann Du bestimmte Worte zu dem anderen sagst. Es ergibt nämlich keinen Sinn, wenn der andere Dich gar nicht mehr hören kann, weil er in irgendeiner anderen Gehirnregion unterwegs ist, wo es nur um den Flucht-, Kampf- oder Totstellreflex geht (Fight-Flight-Freeze). Suche Dir einen passenden Moment im Nachgang aus, um das Thema anzusprechen.
#4 DU KANNST NICHT NICHT KOMMUNIZIEREN
Vielleicht kennst Du die Situation, dass Du begeistert oder emotional geladen von einer Geschichte erzählst und niemand darauf reagiert. Wir tendieren dazu, in die Interpretation reinzugehen, die Situation einzuordnen und zu schlussfolgern, dass es nicht wichtig ist, was wir zu erzählen haben und niemanden interessiert.
Es könnte Dir helfen Dich zu fragen, welche tieferen Überzeugungen Du in Dir trägst. Versuche in eine reine bewertungsfreie Beobachtung reinzukommen.
Wie Du die Situation lösen kannst
Wenn Du das ansprechen möchtest, dass jemand nicht mit Dir spricht oder auf Deine Fragen antwortet, dann beginne mit der reinen Beobachtung.
Zum Beispiel: „Das letzte Mal, als wir zusammensaßen, ist mir aufgefallen, wenn ich geredet habe, dass ich kein einziges Mal angeschaut wurde und ich merke, dass ich dabei ein ganz unangenehmes Gefühl bekomme und dass es mich traurig macht. Mir ist Austausch echt wichtig. Was macht das denn mit Dir, wenn ich darüber erzähle?“
Nicht: „Interessiert es Dich gar nicht, was ich erzähle“. Bei diesem Beispiel würde der Gegenüber wieder mit einem Vorwurf konfrontiert werden und sich rechtfertigen müssen.
Wenn Du merkst, dass Menschen sich tatsächlich nicht dafür interessieren, was Du sagst, dann verbinde Dich wieder mit den eigenen Bedürfnissen und was Dir wichtig ist. Finde eine Lösung, wer zum Beispiel aus Deinem Freundeskreis möchte mit Dir über dieses Themen reden. Gehe dazu über, Dir Menschen zu suchen, mit denen Du da in den Austausch treten kannst.
#5 MONOLOGE SIND AUCH GEWALTVOLLE SPRACHE
Monologe werden in der Gewaltfeien Kommunikation als gewaltvolle Sprache angesehen. Bei der gewaltvollen Sprache geht es um eine trennende Sprache, das heißt es werden Wörter und Sätze benutzt, die die Menschen nicht näher zusammenbringen, sondern trennen.
Du kennst diese Situation bestimmt auch, dass Du Dich mit einer Freundin triffst und kommunizierst ihr, dass Du Dich nicht gut fühlst. Dabei fängt sie an nur von sich selbst zu sprechen. Sie möchte Dir damit vielleicht helfen, aber sie hilft Dir in dem Moment überhaupt nicht. Schön wäre es gewesen, wenn Dich jemand in den Arm nimmt und Dich dazu einlädt, von Deinen Gefühlen zu sprechen.
Wie Du die Situation lösen kannst
In dieser Situation gehört ein bisschen Mut dazu, indem Du über Deine Gefühle sprichst, zum Beispiel: „Sorry, ich merke gerade wie meine Aufmerksamkeit schwindet und ich kann Dir gar nicht mehr folgen. Das ist auch nicht wertschätzend für Dich. Ich merke, dass ich den Wunsch nach Austausch habe und es wäre schön, wenn ich ein paar Worte dazu sagen darf“.
Sicherlich ist es eine Herausforderung, sich verletzlich zu zeigen, wenn man sagt, was man fühlt, wie es einem wirklich geht und man hat den inneren Kampf den anderen auch nicht verletzen zu wollen. Hierbei hilft auch sich den Glaubenssatz anzugucken und die Gedankenschleife zu Ende zu denken. Diese Fragen helfen dabei:
- Was denke ich denn, was passiert, wenn ich dem anderen ehrlich sage, was ich denke oder fühle?
- Was ist das Schlimmste, was passieren kann?
- Dass der andere mich vielleicht nicht mehr mag oder ich ihn als Freund verliere?
#6 WIE DU DIE BLOCKADE DICH AUSZUDRÜCKEN ÜBERWINDEN KANNST
Vielleicht kennst Du das, dass Dir in manchen Situationen einfach die Worte fehlen, und die Lösungen Dir auf einmal zufließt, wenn Du raus bist aus der stressigen Situation.
Wie Du die Situation lösen kannst
Um Empathie zu sich selbst aufzubauen, kann es eine Übung sein, Dich vor den Spiegel zu stellen und zu üben Dir selbst die Sachen zu sagen, die Dich wirklich bewegen und was Du eigentlich wirklich gerade fühlst. Gebe Dir selbst die Erlaubnis ein Bedürfnis zu haben und es auszudrücken. Denn das hilft Dir dabei, Dich zu trauen die Bedürfnisse und Gefühle auch mit anderen zu teilen. Du kannst das in sicheren Gesprächen mit Deinen Freunden oder Deiner Familie üben. Wenn Du geübter bist, bist Du auch irgendwann bereit Geschäftskunden oder Deinem Chef zu sagen, was für ein Bedürfnis Du hast.
Es ist auch spannend zu erkennen, welche Bedürfnisse hinter Deinen Gefühlen stecken. Das Beste ist das Thema in kleinen Schritten anzugehen und sich damit immer wieder zu beschäftigen. Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber das ist ja nicht schlimm. Verurteile Dich nicht, wenn eine Kommunikation hätte anders laufen können, sondern sage zu Dir: „Ok ich konnte es noch nicht anders“. Du lernst auch daran Dich im Nachgang damit zu beschäftigen, indem Du mit einem Experten, einer Freundin oder dem Partner selbst darüber sprichst und übst, anders zu reagieren.
PASSENDE WORKSHOPS ZU GEWALTFREIE KOMMUNIKATION
Um authentischer, souveräner, wertschätzender und mutiger in Gesprächen mit anderen zu sein und damit tiefe, erfüllte Beziehungen zu erschaffen, empfehlen wir Dir die nächsten Workshops zum Thema Kommunikation, Grenzen setzen und GFK hier auf OH SELF.
Wir hoffen das dient Dir,
Deine Laura und Alex
Wenn Du mehr zu dem Thema erfahren möchtest, schau dir gerne das gesamte Interview mit Laura Leising an. Laura ist Life- und Businesscoach, Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Konfliktmanagement. Aus ihrer eigenen Vergangenheit weiß sie, wie schwer es manchmal sein kann, die innere Stimme überhaupt zu hören und ihr dann auch noch mutig zu folgen. Heute unterstützt sie Dich mit all ihrer Erfahrung, zahlreichen Tools und viel Feingefühl dabei, Deine innere Stimme kennen zu lernen und mit Hilfe Deiner Worte und Handlungen für Dich selbst einzustehen.
Diese Artikel könnten Dich ebenfalls interessieren:
ERFOLG BEGINNT BEI DIR ZUHAUSE: WAS DEIN BERUFLICHER ÄRGER MIT DEINER FAMILIE ZU TUN HAT
WIE “DAS RAD DES LEBENS” DER START IST UM WÜNSCHE IN DIE REALITÄT ZU WANDELN